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Resilienz – oder wie man lernt, sich brav anzupassen?

Aktualisiert: 16. Sept.

Zwischen Selbstfürsorge und Selbstverleugnung – was Resilienz heute wirklich bedeutet.


Resilienz ist in aller Munde. Unternehmen bieten Trainings an, viele Coaches versprechen innere Stärke, und überall heißt es: „Du musst nur resilient genug sein, dann klappt das schon.“ Klingt erstmal gut. Aber wenn man genauer hinschaut, wird’s schräg.


Denn was da oft als Resilienz verkauft wird, ist eigentlich: Anpassung. Hauptsache, du funktionierst weiter. Egal, wie absurd die Umstände sind. Und das ist ein Trend, den ich ziemlich kritisch sehe.


Natürlich hat Resilienz auch mit Effizienz zu tun. Wer resilient ist, kann mit Herausforderungen besser umgehen, schneller wieder handlungsfähig werden, sich selbst regulieren – klar, das spart Zeit, Energie und Ressourcen. Aber genau hier liegt der Knackpunkt:


Resilienz ist kein Effizienztool. Sie ist kein mentaler Schraubenschlüssel, mit dem man Menschen „fit macht“ für immer absurdere Anforderungen. Wenn Resilienz nur dazu dient, Belastung besser zu ertragen, ohne die Ursachen zu hinterfragen, dann wird sie zur stillen Komplizin eines Systems, das sich selbst nicht reflektiert.


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Ich finde: Resilienz darf unbequem sein. Sie darf dazu führen, dass jemand sagt: „Stopp. So geht’s nicht weiter.“ Wirklich resiliente Menschen sind nicht nur anpassungsfähig – sie sind auch widerständig. Sie erkennen, wann Anpassung zur Selbstaufgabe wird. Und sie haben den Mut, Grenzen zu setzen.



Eine Tastatur mit einer Taste "Resilienz"
Wird Resilienz instrumentalisiert, um strukturelle Probleme zu kaschieren?




Resilienzoptimierung als Effizienzprogramm – ein gefährlicher Trend aus meiner Sicht

Resilienz wird instrumentalisiert. Sie soll nicht mehr schützen, sondern stabilisieren – und zwar Systeme, die längst wackeln. Statt zu fragen, was Menschen wirklich brauchen, wird gefragt, wie man sie noch belastbarer machen kann. Damit sie länger durchhalten. Damit sie nicht ausfallen. Damit sie nicht unbequem werden.


Für mich bedeutet dieser Trend …


Resilienz wird missbraucht. Ich arbeite seit Jahren mit Menschen, die unter Druck stehen. Und ich sehe immer wieder: Resilienz ist nicht das Heilmittel, als das sie verkauft wird – sondern oft ein Etikett, das dazu dient, Belastung zu legitimieren. Wenn jemand lernt, sich selbst zu regulieren, um in einem toxischen Umfeld weiter zu funktionieren, dann ist das keine Stärke. Das ist Selbstverleugnung mit hübscher Verpackung.


Resilienz als Leistung – Wie ein guter Begriff instrumentalisiert wird


Unternehmen: Resilienz als Produktivitätsgarant

Ein großes Consulting-Unternehmen bietet ein „Resilienz-Training für Führungskräfte“ an. Inhalte: Stressmanagement, Selbstregulation, mentale Stärke. Klingt sinnvoll – bis man merkt, dass es vor allem darum geht, die Belastbarkeit der Mitarbeitenden zu erhöhen, ohne die Arbeitsbedingungen zu verändern. Die Message zwischen den Zeilen: „Lerne, mit Druck besser umzugehen – wir erhöhen ihn nämlich demnächst.“ Resilienz wird hier zur stillen Pflicht, nicht zur echten Kompetenz.


Coaching: Resilienz als Selbstoptimierungsziel

Ein Life-Coach wirbt mit dem Slogan: „Werde unaufhaltbar – mit meiner Resilienz-Methode!“ Die Methode besteht aus Routinen, Affirmationen und Durchhalteparolen. Was fehlt: Raum für Zweifel, für Widerspruch, für die Frage: „Will ich das überhaupt?“ Resilienz wird zur Leistung – nicht zur Lebenskunst. Und wer scheitert, hat einfach „nicht genug an sich gearbeitet“.


Selbstoptimierung: Resilienz als App-Funktion

Eine beliebte Mental-Health-App bietet ein „Resilienz-Score“ an. Je mehr Challenges du meisterst, desto höher dein Wert. Du bekommst Badges für „Krisenkompetenz“ und „Emotionale Kontrolle“. Aber was passiert, wenn du mal nicht funktionierst? Wenn du dich zurückziehst, zweifelst, wütend bist? Dann sinkt dein Score – und du fühlst dich wie ein defektes System. Resilienz wird zur Zahl. Und Menschlichkeit zur Störung.


Der Moment, in dem’s gekippt ist


Ich erinnere mich an eine Beratung/ein Training mit einer Klientin, die sagte: „Ich hab das Resilienztraining gemacht, aber irgendwie fühl ich mich jetzt noch schlechter – weil ich denke, ich müsste das alles besser hinkriegen.“


Und ich dachte: Genau das ist das Problem. Wenn Resilienz zur neuen Erwartung wird, statt zur Erlaubnis, sich selbst ernst zu nehmen – dann läuft was schief.



Mein Learning


Resilienz ist kein „Weiter so“. Sie ist kein Tool, um sich noch besser anzupassen. Sie ist die Fähigkeit, zu merken: Hier stimmt was nicht. Und dann etwas zu verändern. Ich habe erlebt, wie Menschen erst dann wirklich resilient wurden, als sie aufgehört haben, sich alles gefallen zu lassen. Als sie angefangen haben, Grenzen zu setzen. Klartext zu sprechen. Und sich selbst wieder ernst zu nehmen.


Das sind meine nächsten Schritte beim Thema


Ich arbeite daran, Resilienz wieder als Haltung zu etablieren – nicht als Funktion. In meinen Workshops geht’s nicht darum, wie man noch mehr aushält. Sondern darum, wie man erkennt, was einem guttut. Und was nicht. Ich will, dass Menschen sich nicht länger fragen: Wie kann ich mich besser anpassen? Sondern: Was darf sich endlich ändern?


Resilienz – aber bitte nicht um jeden Preis


  • Frage dich ehrlich: Willst du resilient sein – oder einfach nur nicht auffallen?

  • Grenzen setzen ist kein Egoismus. Es ist Selbstschutz.

  • Nicht jede Belastung ist normal. Nur weil alle mitmachen, heißt das nicht, dass es gesund ist.

  • Resilienz heißt auch: unbequem sein. Nicht alles mitmachen. Nicht alles schönreden.

  • Mini-Tool: Schreib dir einmal pro Woche auf, was dir Energie gibt – und was sie raubt. Und dann handle danach. Klingt simpel, ist aber brutal ehrlich.


Fazit

Resilienz ist kein Pflaster für schlechte Bedingungen. Sie ist kein „Mach weiter“-Knopf. Sie ist ein Stoppschild, ein Kompass, ein Mutmacher – wenn man sie richtig versteht.


Was bleibt: Der Wunsch, mit Stress besser umzugehen. Was gehen muss: Die Idee, dass wir uns alles gefallen lassen müssen. Am Ende zählt nicht der Trend, sondern die Haltung, mit der wir ihm begegnen. Und manchmal heißt Haltung eben auch: Stopp sagen.



Das könnte dich vielleicht auch noch interessieren: Mein Workshop "Energie tanken - statt ausbrennen" Hier geht's zu den Details und der Anmeldung https://www.burnout-und-stress-vermeiden.de/event-details/workshop-energie-tanken-statt-ausbrennen


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Über mich

Hey, ich bin Silvia Gunsilius, Resilienz- Archtitektin +  Beraterin/Trainerin für Stressmanagement  & Burnout- Prävention. Mein Unternehmen hab ich bereits 2010 berufsbegleitend gegründet.

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